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KONVERGENZANALYSE CROSS CHANNEL - WERBEWIRKUNG RELOADED

von Andrea Tina Booh, Research u.Insights Managerin und Stefan Uhl, Ceo, Starcom MediaVest Group

Durch die starke Fragmentierung der Medienmärkte in den vergangenen Jahren sieht sich der Medienkonsument mit einer Vielzahl von Medienkanälen und einer wahren Informationsflut konfrontiert (Goedecke, 2010). Dies stellt ihn vor die Herausforderung, die für seine Interessen, Werte, Motive und Einstellungen relevanten Informationen herauszufiltern. Aufgrund der Unmengen an Informationen und Kanälen ist der Medienkonsum zwar gestiegen, aber er hat sich auch grundlegend gewandelt.

Die Entwicklung geht weg von den Massenmedien hin zu einer immer stärker werdenden individuellen Mediennutzung (vgl. Dierks, 2010). So verdeutlichen die Diskussionen um Parallelnutzung und Second Screen, dass sich der Medienkonsument nicht mehr zwingend nur einem Medium widmet. Vielmehr kommt es immer häufiger vor, dass Nutzer, während sie eine Sendung im TV verfolgen, auf dem Laptop oder Tablet im Internet surfen oder über das Smartphone etwas auf Facebook posten. Dem Medienkonsumenten steht eine Vielzahl von Kanälen zur Verfügung und er nutzt diese nach seinen individuellen Bedürfnissen. Dies zeigt sich besonders deutlich bei den jüngeren Zielgruppen unter 35 Jahren. Sie sind mit einer Vielzahl digitaler Kanäle aufgewachsen und nutzen diese ganz selbstverständlich parallel zu den klassischen Medien.

Auch der Weg des Konsumenten bis zum Kauf hat sich verändert. Er nutzt ebenfalls verschiedene Quellen, um sich zu informieren und entscheidet dann, ob er online oder offline kauft. So ist es durchaus üblich, sich zunächst online zu informieren, Preise zu vergleichen und dann in dem Geschäft mit dem besten Angebot das gewünschte Produkt zu erstehen oder aber auch umgekehrt, im Geschäft aussuchen und anprobieren, um dann letztendlich doch online bei dem günstigsten Anbieter zu kaufen. Dies zeigt, wie wichtig Cross-Channel-Marketing-Strategien sind, die den Käufer auf all seinen Wegen bis zum Kauf begleiten und, aufeinander aufbauend, ihn stets dort abholen, wo er sich gerade befindet. Wichtig ist es, mögliche Konvergenzen zu nutzen und nicht in Silos wie online oder offline zu denken.

Eine gelungene Mediaplanung berücksichtigt diesen Wandel und umfasst neben den Grundlagen wie „GRP-Level pro Woche“ oder„Einzelselektionen von Werbeträgern und Formaten“ eben auch eine Cross Channel-Kommunikationsstrategie, die die Vorteile und Konvergenzen der einzelnen Medienkanäle berücksichtigt (vgl. Uhl, 2013) und gezielt einsetzt. Mehr denn je muss der Nutzer zur richtigen Zeit, am richtigen Ort und mit der richtigen, d. h. für ihn relevanten Botschaft angesprochen werden, damit die Werbung nicht in der Fülle belangloser Werbebotschaften verpufft, sondern die Aufmerksamkeit des Nutzers erhält. Dies erfordert ein tiefes Konsumentenverständnis auf der einen Seite, denn nur wer versteht was seine Zielgruppe bewegt und antreibt, kann für sie auch relevante Markenerlebnisse schaffen, die aufmerksamkeitsstark sind, die Zielgruppe nachhaltig erreichen und sie mit ihren Worten ansprechen. Denn wie schon Nelson Mandela sagte: „Wenn du mit einem Menschen in einer Sprache sprichst, die er versteht, geht es in seinen Kopf. Wenn du in seiner Sprache sprichst, geht es ihm ins Herz.“ So sollte das Ziel jeglicher nachhaltiger Kommunikationsstrategie sein, die Sprache der Zielgruppe zu sprechen, indem ihre Werte, Motive und Einstellungen, aber auch Präferenzen, Emotionen und Stimmungen in der Kommunikation berücksichtigt (Baetzgen, 2008) und durch die Werbebotschaft angesprochen werden. Zum anderen ist es in dieser komplexer werdenden Medienwelt von grundlegender Bedeutung, die einzelnen Medien und ihre Wirkung nicht losgelöst voneinander zu betrachten. Die Fülle an Daten, die heute zur Verfügung stehen, ermöglicht Cross Channel-Analysen, welche die Wechselwirkungen und Konvergenzen der einzelnen Medienkanäle aufzeigen.

Die bisherigen Marketing-Mix-Modelle gehen, wie Abb. 1 verdeutlicht, häufig von der Unabhängigkeit der einzelnen Medienkanäle aus und messen nur ihre direkte Wirkung auf ein Business-Outcome wie z.B. Sales oder Awareness.

Abbildung 1: Traditionelle Marketing-Mix-Modelle
Abbildung 2: Direkte und indirekte Effekte

Die heutige Medienwelt ist jedoch wesentlich komplexer und kann mit diesen vereinfachten Modellen nicht in ihrer Gänze erfasst werden. Die Medienkanäle untereinander sind nicht unabhängig. Es gibt Wechselbeziehungen und indirekte Effekte. Dies lässt sich so kurz nach der gewonnenen Weltmeisterschaft am einfachsten in einer Fußball-Metapher erklären. So wie im Fußball am Ende die geschossenen Tore zählen, zählt in der Werbewirkungsforschung der Effekt der Medien auf die Business KPI‘s. Doch auch im Fußball besteht das Team aus mehreren Spielern und viele Tore werden eben nicht direkt nach dem Torwartabschlag vom Stürmer geschossen, sondern bedürfen der Vorlage eines Mitspielers.

Dies veranschaulicht, dass insbesondere die indirekten Effekte eine sehr wichtige Rolle im Spiel um den Erfolg einnehmen und somit stets das Zusammenspiel aller Medienkanäle analysiert werden sollte. Daher ist es unverzichtbar, neben Paid Media auch Owned und Earned Media und deren Wechselbeziehungen zu betrachten, da diese ebenso ihren Beitrag zum Erfolg leisten. 

Abbildung 3: Die Konvergenzanalyse Cross Channel

Für diesen Zweck entwickelte die Starcom MediaVest Group ihre international breit eingesetzte Konvergenzanalyse Cross Channel. Das Wortspiel im Namen weist bereits auf die Vorteile dieser Methode der Werbewirkungsanalyse hin. Auf der Basis von aggregierten Daten werden, wie von Dierks bereits 2010 gefordert1, Verkaufsdaten, Werbeausgaben, Werbedruck, Werbewirkungsindikatoren(wie beispielsweise Awareness oder Desire) und Marketingvariablen wie Preis oder Distribution als Zeitreihen analysiert. Die Konvergenzanalyse Cross Channel bietet damit einen integrierten Ansatz über alle Medienkanäle hinweg und deckt durch die Betrachtung der direkten als auch der indirekten Effekte die Konvergenzen zwischen den Medien auf. Dadurch kann der Wirkungsbeitrag von nur indirekt wirkenden Medienkanälen ermittelt werden. In den herkömmlichen Marketing-Mix-Modellen würde man in diesem Fall davon ausgehen, dass solch ein Kanal keine Wirkung zeigt und in einer optimierten Mediaplanung daher nicht berücksichtigt werden sollte.

Die Starcom MediaVest Group konnte in vielen bisher berechneten Modellen zeigen, dass gerade Radio, Out of Home und Print, je nach Branche und Produkt, nur indirekt wirken. Der Beitrag der aufgeführten Kanäle ist aber dennoch groß genug, dass diese in einem optimierten Channel-Mix auf keinen Fall fehlen sollten. Eine Konvergenzanalyse bestimmt zudem auch, wie gut eine Vorhersagekurve die Daten abgebildet hätte, und zeigt somit, wie gut das Modell zu den jeweiligen Daten passt, sodass auch Aussagen zur Prognosesicherheit getroffen werden können. Gleichzeitig ermöglicht es die Konvergenzanalyse Cross Channel, mehrere Business KPI‘s zu modellieren, sodass in dem Modell die komplette Customer Journey abgebildet werden kann. Daher ist es neben den Mediaeffekten ebenfalls möglich, die Trackingergebnisse wie z. B. Awareness, Desire und ihren Effekt in das Modell zu integrieren (siehe Abbildung 3). Je nach Datenlage können somit in sehr komplexen Modellen über 20 unterschiedliche Einflussfaktoren auf die Sales Zahlen berücksichtigt werden

Durch die Komplexität der Modelle und die Tatsache, dass es nie das perfekte Modell gibt, sondern es am Ende darum geht, die plausibelste und zu den Daten am besten passende Lösung zu finden, ist es umso wichtiger, dass solche Modellings nur von erfahrenen Experten auf diesem Gebiet durchgeführt werden.Mit Hilfe der Konvergenzanalyse Cross Channel können eine Vielzahl von Media- und Marketingfragen beantwortet werden. So ermöglicht sie es, beispielsweise datenbasiert den optimalen Channel-Mix zu er- mitteln, der den größtmöglichen ROI bei gegebenem Mediabudget liefert. Sie beantwortet die Frage, wie Paid Media eingesetzt werden sollte, um Earned Media effektiv zu stärken und liefert Argumente, um Owned Media zu optimieren. Gerade das optimierte Zusammenspiel von Paid, Owned und Earned Media bietet gute Möglichkeiten den ROI durch Mediaaktivitäten zu erhöhen. So konnte für einige Kunden durch eine leichte Umverteilung des Mediabudgets zwischen klassischen und digitalen Medien ein deutlich höherer ROI erzielt werden. Ferner kann die Konvergenzanalyse Cross Channel auch Halo-Effekte identifizieren und so den Media Mix über die gesamte Produktpalette hinweg optimieren. Auf der Basis des Modells können Prognosen über die Auswirkungen von Preissenkungen getroffen werden und vieles mehr.

Fazit

Die Konvergenzanalyse Cross Channel ist eine sehr überzeugende Methode der Werbewirkungsanalyse. Sie bietet eine Vielzahl von zusätzlichen Analysemöglichkeiten und kann dadurch viele Media- und Marketing fragen beantworten. Durch die Komplexität der Modelle gehört sie jedoch nur in erfahrene Expertenhände, um plausible Ergebnisse zu liefern. Auf Basis dieser Ergebnisse lässt sich dann der optimale Media Mix bestimmen und der ROI erhöhen. Die Konvergenzanalyse liefert dem Marketing viele fundierte und datenbasierte Argumente und Handlungsempfehlungen. Sie ist eine der entscheidenden Säulen einer nachhaltigen als auch umfassenden Mediaplanung und beantwortet da- rüber hinaus die Frage, wo der Konsument am besten erreicht wer- den kann und wie die einzelnen Mediakanäle aufeinander abgestimmt werden müssen. Die andere Säule bildet aber stets der Mensch, mit dem kommuniziert wird. Daher sollte der Konsument, trotz Analysen auf Basis aggregierter Daten, nie aus dem Fokus rücken und auch die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt und der für ihn relevanten Werbebotschaft durch tiefe Human Insights beantwortet werden. Denn auch auf Basis einer datenbasierten und optimierten Mediaplanung sollte der Mensch mit seinen Werten, Motiven, Präferenzen und Bedürfnissen im Mittelpunkt aller Betrachtungen stehen und eine komplette und nachhaltige Kommunikationsstrategie entwickelt werden. Wird dies berücksichtigt, gelingt es, die Aufmerksamkeit des Menschen in der Flut von Werbebotschaften zu gewinnen und ihn durch relevante Markenerlebnisse in seiner Sprache anzusprechen.

1 Dierks, Sven (2010) Wohin führt die Werbewirkunsforschung? S. 327
2 Baetzgen, Andreas (2008): Mit mehr Sinn zum Wert. IN: transfer. Werbeforschung Praxis. 01/2008. S.36-40.
3 Dierks, Sven (2010): Wohin führt die Werbewirkungsforschung? In: Koschnick, W.J. (Hrsg.) (2010): Focus-Jahrbuch 2010. Schwerpunkt: Der Stand der Werbewirkungsforschung. München: Focus Magazin Verlag.
4 Goedecke, Christian (2010): Zur Navigation in stürmischen Medienmärkten. In: Koschnick, W.J. (Hrsg.) (2010): Focus-Jahrbuch 2010. Schwerpunkt: Der Stand der Werbewirkungsforschung. München: Focus Magazin Verlag.
5 Uhl, Stefan (2913): Why Experience matters. In: OMG Jahrbuch 2013. Frankfurt

Quelle: OMG Jahrbuch Forum Werbewirkung, September 2014

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