Le Roi C’est Nous

Ein Plädoyer für die Stärkung der Medienvielfalt und digitalen Souveränität – Die Perspektive der OMG Agenturen

Seit einigen Jahren sind in mehreren Ländern besorgniserregende Entwicklungen zu beobachten wie Einschränkungen der Presse-, Meinungs- und Demonstrationsfreiheit, Zensur von Medien, Verbot von Plattformen und die Verfolgung von Journalisten.
Demgegenüber zeichnet sich die deutsche Medienlandschaft durch eine zunehmend fragmentierte Vielfalt über alle Kanäle, Devices und Nutzungssituationen aus. In kaum einem anderen Land ist die mediale Vielfalt so stark verankert wie in Deutschland.
Artikel 5 unseres Grundgesetzes bildet die staatsrechtliche Voraussetzung für Presse- und Meinungsfreiheit und schützt insbesondere auch die Meinungen und die medialen Inhalte, die der „Freiheit der Andersdenkenden“ entspringen.

Gefördert wurde unsere Medienvielfalt durch ein historisch ausgeprägtes Verlagswesen mit Unternehmen, die sich heute auch als netzagile Content Häuser verstehen. Und dank des Dualen Systems in TV und Hörfunk, das heute in allen Video- und Audiomärkten etabliert ist. Durch die Digitalisierung hat sich die Mediennutzung zu großen Teilen ins Internet verlagert. Die Plattformökonomie hat eine nie dagewesene Informationsvielfalt erzeugt und dabei auch die Inhalte der nationalen Medienhäuser ins Internet getragen. Dadurch wurde das Angebot an medialen Inhalten noch einmal erheblich größer – einhergehend mit neuen negativen Phänomenen wie Fake News, Hate Speech oder die Bildung von Filterblasen durch Algorithmen.

Was wir als Verband OMG im Werbemarkt und in der Medienpolitik tun:

Mediaagenturen und ihr Verband, die OMG, bekennen sich zur Medienvielfalt und Pluralität der Meinungen. Auf Verbandsebene – insbesondere dort, wo es im ordnungspolitischen Diskurs möglich ist – leisten Agenturen einen Beitrag zum Erhalt der Medienvielfalt. Unser Verständnis basiert auf Neutralität gegenüber allen Medien und Plattformen sowie unserer Medienkompetenz. Dies geschieht auch in Zusammenarbeit und im Diskurs mit den Partnern der Medien- und Werbewirtschaft. Schließlich stellt eine vielfältige diverse Medienlandschaft für die Mediaagenturen auch eine wesentliche Grundlage ihres Geschäftsmodells dar.

Ein elementarer Baustein zum Erhalt der medialen Vielfalt ist die Refinanzierung über Werbung. Dies betrifft den Verantwortungs- und Kompetenzbereich der Mediaagenturen und ihres Verbandes, der OMG.

Die OMG engagiert sich als Interessensvertretung vorrangig für drei ordnungspolitische Themen:

  1. Werbeverbote
  2. Der Erhalt der Marktbalance in Bezug auf die dominierende Stellung der GAFAs
  3. Die zukunftsgerichtete Weiterentwicklung des Dualen Systems
  4. Projekt Medienkompetenz

1. Werbebeschränkungen und -verbote
Durch einschränkende Regulierung der Werbung bis hin zum Verbot wird die Refinanzierung der Medien grundsätzlich eingeschränkt. In der aktuellen politischen Diskussion findet eine ausreichende Güterabwägung zwischen legitimen Verbraucherschutz-Interessen und den Auswirkungen auf die Refinanzierung der Medien nicht statt. Der Wert der Werbung wird weder im volkswirtschaftlichen Sinne noch unter dem Aspekt seines Beitrags zur Medienvielfalt in Politik und Öffentlichkeit vollumfänglich wahrgenommen. Die OMG unterstützt daher mit anderen Branchenverbänden wie Markenverband und OWM die ablehnende Position des ZAW zu weiteren möglichen Werberestriktionen in den Bereichen Lebensmittel, Kinder, Alkohol, Glückspiel, Tabakprodukte, Umwelt und Nachhaltigkeit oder Gesundheitswesen. Siehe Werbung 2022, Verlag edition ZAW / Berlin 2022 S. 30-41

2. Google, Apple ATT
Google wie Apple planen, den Wettbewerb im Werbe- und Mediamarkt zu diskriminieren – Google mit dem Sandbox Approach und Apple mit dem IOS14 / ATT Ansatz. Beide Unternehmen nutzen ihre dominante Stellung im Werbemarkt aus und schöpfen dadurch überproportionale Gewinne insbesondere zu Lasten der Medienanbieter für sich ab. Wenn Google unter dem Deckmantel des Datenschutzes Drittanbietern und Werbetreibenden die Nutzung von First Party Daten nicht oder nur eingeschränkt ermöglicht, greift dies diskriminierend in die Geschäftsmodelle des Werbemarktes ein.
Die OMG tritt gemeinsam mit den Partnerverbänden im Werbemarkt (Markenverband/ OWM, VAUNET BDZV, MVFP etc.) unter dem Dach des ZAW für faire Rahmenbedingungen zur Refinanzierung aller Publisher und Medienhäuser ein – zum Erhalt der Medienvielfalt und eines qualitativ hochwertigen Journalismus. Im Fall Google geht es um grundlegende Parameter für einen funktionierenden Online Werbemarkt:

  1. Auswahlmöglichkeit und Vertragsfreiheit zwischen Werbekunden, Publishern, Agenturen und allen Dienstleistern
  2. Fairer Zugang aller Marktpartner zu Daten, Algorithmen, Methoden (Topics, Fledge etc.) und Konventionen („Gleiche Daten für alle Marktpartner“).
  3. Verpflichtung des Kanals YouTube, die Nutzungsdaten den JIC’s wie der AGF zur Verfügung zu stellen, da diese neutrale Marktstandards setzen

Siehe OMG Jahrbuch 2021 / Ausblick 2022 S.16ff.

Im Januar 2022 hat die OMG mit den o.g. Verbänden gegen das Google Sandbox-Projekt bei der EU Kommission Beschwerde eingelegt. Die Begründung: Google diskriminiert in seinem Browser Chrome und in seinem mobilen Betriebssystem Android gegenüber Dritten den Zugang zu Identifikationsdiensten.

Im Fall Apple hat das Bundeskartellamt aktuell aufgrund der Initiative der OMG mit den o.g. Partnerverbänden ein Verfahren wegen möglichen Marktmissbrauchs eingeleitet. Hier droht die Vielfalt der App’s innerhalb des Apple Ökosystems beeinträchtigt zu werden.
Siehe ZAW Pressemitteilung vom 14. Juni 2022 „Verbände begrüßen BKartA-Entscheidung, Apples Tracking-Regelung für Dritt-Apps zu prüfen“

3. Das Duale System neu denken
Das duale System zeichnet den deutschen Fernsehmarkt seit über vier Jahrzehnten aus und hat sich im internationalen Vergleich als Garant für Medien- und Meinungsvielfalt erwiesen. Das qualitativ hochwertige und vielfältige Programmangebot wurde insbesondere durch das Finanzierungsmodell ermöglicht: der Kombination aus Gebühren und Werbeeinnahmen.
Doch nun droht es in eine Schieflage zu geraten. Dies zeigt sich in beiden elementaren Bereichen, im Werbe- und im Zuschauermarkt.

Vor dem Hintergrund der Reichweitenentwicklung bei den TV-Anbietern kann die steigende Nachfrage aus dem Werbemarkt von den in Deutschland ansässigen Anbietern nicht mehr ausreichend bedient werden. Deren Refinanzierung wird immer schwieriger, während internationale Plattformen sich zunehmend ausbreiten. Das duale System gerät dadurch in eine Schieflage, die die bestehende Medien- und Meinungsvielfalt gefährden kann. Deshalb sollte es ein gemeinsames Interesse der deutschen Marktpartner sein, das Erfolgsmodell des dualen Systems an die Gegebenheiten der digitalen Plattformökonomie anzupassen.

Die Struktur des Dualen System sollte so weiterentwickelt werden, dass das Potential des Werbemarktes vollständig genutzt werden kann, um die bestehende Vielfalt im Sinne des im Medienstaatsvertrag verankerten Public Value zu erhalten.
Dabei sollten vor allem die bislang werbefreien Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen im Fokus stehen. Wenn dieses Potenzial für den Werbemarkt freigegeben werden könnte, würde dies den Medienstandort Deutschland maßgeblich stärken. In einem zweiten Schritt wäre eine deutsche Plattformlösung neu zu denken.

Im Sinne des dualen Systems sollten öffentlich-rechtliche wie private Anbieter gleichermaßen von einer Neuausrichtung profitieren. Keines der beiden Lager soll zu Lasten des anderen Vorteile erlangen.

Ziele sind:

  • Die Medienvielfalt und die Programmqualität im Sinne des Public Value erhalten, daher sollte die Lösung auch für alle Bürger:innen finanzierbar sein und nicht auf Gebührenerhöhungen bauen.
  • Die digitale Souveränität fördern, die zudem originär aus den nationalen Werbespendings bei einer weiterhin hohen Nachfrage nach Video-Umfeldern finanziert wird.

Deshalb wollen wir als OMG jetzt im Markt und in der Medienpolitik über alle Optionen diskutieren, wie das Duale System an die Logik der Plattformökonomie sowie das veränderte Zuschauerverhalten angepasst und für die Zukunft gestärkt werden könnte.

4. Projekt Medienkompetenz
Die Mediaagenturen beschäftigen sich täglich intensiv mit Medien. Sie kennen deren Funktionsweisen sehr genau, das positive Potenzial, das sie entfalten können, aber auch die Risiken durch eine unsachgemäße Nutzung. Die Agenturgruppe pilot hat mit dem Medienclub bereits vor mehreren Jahren eine Initiative gestartet, die in mehrstufigen Workshops Jugendliche im Umgang mit Medien schult.

Die OMG startet nun ein Projekt um das Kompetenztraining junger Menschen auf breiter Front aufzurollen und sondiert in Gesprächen mit verschiedenen Partnern aus Medien und Institutionen verschiedene Optionen, die Medienkompetenz der Agenturen in diesem Bereich sinnstiftend einzubringen.

Was die OMG als Verband nicht tut:

Wir agieren nicht an der Schnittstelle zwischen Kunde und Agentur. Wir sprechen keine Mediaempfehlungen aus, nicht für Gattungen, nicht für Content Kategorien, auch nicht für qualitativen Journalismus oder solchem, der den Regeln der Aufmerksamkeitsökonomie folgt, nicht für oder gegen Plattformen. Wir verstehen uns als neutrale Partner der gesamten Medienwirtschaft, jegliches In- oder Exclusion Listing kann nicht die Sache eines Verbandes sein.

Was die OMG Agenturen im Markt mit dem Fokus auf Kunden, Marken und Mitarbeitende tun:

Die einzelnen Mediaagenturen engagieren sich als Unternehmen bereits verantwortlich im Sinne einer wertebasierten CSR- oder ESG-Strategie in Bezug auf gesellschaftlich relevante Themen wie soziale Projekte oder Klimaschutz. Vier Beispiele:

Die Omnicom Media Group hat sich global den Zielen des UN „Global Compact“ verpflichtet und betreibt vier CSR Initiativen: People / Working together, Community / Making an Impact, Environment / Enhancing sustainability und Governance / Leading with strength. Die Agentur hat angekündigt, mit ihren Kunden auch über qualitative Kriterien in der Mediaplanung im Sinne der Mediavielfalt zu sprechen.

Universal Media UM hat im Kampf gegen Hate Speech und Fake News 10 Grundsätze der Medienverantwortung definiert.
Zu Omnicom und UM siehe auch OMG Jahrbuch 2021 / Ausblick 2022 S.30 ff, und S.50 ff.

Mediaplus hat zusammen mit Burda an zwei Universitäten eine Grundlagenstudie zur Entwicklung eines wissenschaftlich fundierten Modells für sozial nachhaltige Mediaplanung in Auftrag gegeben.

Publicis Media hat 2021 die „Once and for All Coalition“ ins Leben gerufen, einen Zusammenschluss zahlreicher Partner der Medien- und Werbewirtschaft. Das Ziel: Medien über Open-Source-Tools und Best Practices zu unterstützen, die sich an Minderheiten oder unterrepräsentierte Bevölkerungsgruppen richten. Darüber hinaus kündigt Publicis Media an, 25 Mio. USD für verschiedene Unterstützungsprojekte unter der Leitung von APX Content Ventures bereitzustellen.

Diese und die zahlreichen weiteren Initiativen der Mediaagenturen begrüßt die OMG in gleichem Maße wie sie sich unter dem Stichwort „Green GRP“ mit Marktpartnern wie Climate Partners, Media4Planet oder der ACT Agency / UNEP United Nations Environment Program für klimaneutrale Mediaplanung engagiert.

Viele Mitarbeitende und Kunden erwarten dies auch vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen. Die OMG ist als Verband mit ihren Mitgliedern offen für jeglichen Diskurs sowie alle Ideen und Anregungen aus dem Markt, um das wertvolle Kulturgut einer partizipativen Demokratie, die Medienvielfalt, zu erhalten.